Knorpelschaden im Knie - Wie ging es weiter?

Nachdem ich im ersten und zweiten Teil meines Berichts zum Knorpelschaden in meinem Knie berichtet hatte, wie dieser diagnostiziert wurde und wie ich die Therapie angegangen bin, war es im April 2019 soweit das leider enttäuschende Ergebnis anzuschauen. Darüber hatte ich im vorläufig letzten Teil berichtet.

Seitdem haben mich viele viele Nachrichten hilfesuchender Menschen erreicht, die mir viel Dankbarkeit für meine Berichte entgegenbrachten und die mich um Infos und Rat baten.

Vor allem in den letzten ein bis zwei Jahren haben mich viele Nachrichten erreicht, in denen ich gefragt wurde, wie es mir denn heute geht und wie die Geschichte weiter ging. Daher habe ich mich entschlossen, einen weiteren Artikel zu schreiben und ein bisschen zu erzählen, was in den letzten 5 ½ Jahren passiert ist.

 

 

Anpassung

Im Nachtrag zu meinem letzten Artikel aus dem Dezember 2019 hatte ich ja bereits geschrieben, dass ich keinerlei Probleme mehr mit dem Knie hatte. Ich will hierzu aber noch etwas genauer darauf eingehen, was sich eigentlich alles verändert hat.

 

Vor meinem Knie-Unfall bin ich regelmäßig Radtouren von 80-90 km gefahren, teils bis zu 120 km. Dabei hab ich richtig ordentlich trainiert. Ich habe heute noch meine aufgezeichneten Trainingsdaten von damals und kann sehen, dass ich damals 90 km Touren mit einem Durchschnittspuls von 170 bpm gefahren bin und das, obwohl ich damals gut trainiert war. Ich bin also solche Strecken mit voll Power gefahren und entsprechend war natürlich auch der Druck im Knie!

Sowas ging jetzt absolut nicht mehr und auch an Bergfahrten war nicht mehr zu denken. So gut Radfahren auch für die Knie generell ist, mein Problem ist ja genau die Kraftaufwendung im gebeugten Knie und das kommt beim Radfahren eben gerade vor.

Insofern haben sich meine Radtouren danach arg reduziert. Ich bin nur noch in der Ebene gefahren, keine Berge mehr und auch in der Ebene nur mit moderater Belastung und nur bis zu 40 km, mehr war nicht mehr drin. Selbst dieses Training hat mir ab und an ein gereiztes Knie beschert, so dass ich mich viel mehr aufs Wandern verlegt habe.

 

Beim Wandern konnte ich ja ganz gut steuern, wie stark meine Beugung im Knie ist und ich habe mehr Belastung auf das gesunde Knie verlagert. Gemerkt habe ich das z.B. bei Stufen, die ich meistens mit dem linken Bein hoch bin, aber auch bergab, wo ich eigentlich nie mit Last durch die Beugung des kranken Knies durch bin, sondern mich dann eher habe in das andere Bein "fallen lassen".

Das funktionierte aber alles ganz gut. Mein linker Oberschenkelmuskel war dann immer ganz gut trainiert, während das rechte Bein viel dünner war, weil einfach nicht so viel Muskel aufgebaut wurde.

 

Mit dem Fahrradfahren war dann übrigens 2022 nach einer anderen OP, die nichts mit dem Knie zu tun hatte, erst einmal komplett Schluss.

Wandern ging aber gut. Wir sind ja beide weiterhin als Naturfotografen mit schweren Rucksäcken auch in den Bergen unterwegs gewesen und dort habe ich dann immer Stöcke zu Hilfe genommen. Bergauf habe ich dabei viel Kraft aus den Armen und dem Oberkörper geholt um die Knie zu entlasten und bergab habe ich die Stöcke als Abstützung genutzt.

 

 

Ein erneuter OP-Versuch?

Auch wenn ich so recht gut klargekommen bin, habe ich weiterhin die Augen offen gehalten, nach neuen Therapiemethoden und habe dann noch einmal eine Runde über mehrere Kniespezialisten gedreht mit lehrreichem Ergebnis.

 

Ein konservativ behandelnder Orthopäde mit sehr gutem Ruf, empfahl mir das Knie in Ruhe zu lassen und nicht mehr zu operieren. Er meinte, man könne viel mit Chirurgie bewirken, aber nicht alles heilen und in meinem Fall würde er mir einfach zur Verhaltensanpassung bzgl. Sport und Bewegung raten und ansonsten konservativ behandeln.

Das war schon Mal interessant und auch irgendwie logisch. Ein Arzt, für den nicht die Chirurgie das übliche Heilmittel ist, hat vielleicht nochmal einen ganz anderen Blick auf meinen Fall. Dem Arzt tat mein Fall leid, er meinte so etwas sei tragisch und er wünschte mir alles Gute.

 

Dann war ich noch bei einem top Sportmediziner. Das Erlebnis hier war schon echt stark! 5 Minuten dauerte das Gespräch mit dem Arzt, der mir recht barsch mitteilte, dass er nicht wüsste was ich von ihm wolle, denn ich habe ja nichts. Er meinte mit dem bisschen Verschleiß im Knie könne ich uralt werden.

Nun ja. Das war nun eine ganz neue Sichtweise auf mein Problem - äh Moment - ich habe ja keines.

Auch diese Sichtweise ist nachvollziehbar wenn man sich bewusst macht, dass dieser Arzt Profisportler zusammenflickt. Da kommt es dann drauf an, einen Haufen Schrott wieder so zusammenzukitten, dass der Sportler noch 5 Jahre Geld verdienen kann. Danach kann der dann im Rollstuhl sitzen, auch egal.

Für so jemanden ist mein Fall tatsächlich nur eine Kleinigkeit und seine Zeit nicht wert.

 

Der letzte Arzt war ein Chirurg mit gutem Ruf. Mein bisher bester, angenehmster und zielführendster Kontakt. Ich wurde von dem Arzt ernst genommen, wir unterhielten uns auf Augenhöhe und zu allererst wurden einmal einige Untersuchungen durchgeführt, die bis dahin überhaupt niemand gemacht hatte. So wurde meine Hüfte vermessen, meine Beinachsen und es wurde eine digitale Ganganalyse gemacht. Klasse!

Danach kamen ein paar Erkenntnisse.

Ich habe leichte X-Beine, die dazu führen dass meine Kniescheiben nach außen gezogen werden, wodurch diese in der Führung nach innen kippen. Meine durch das Fahrradtraining sehr ausgeprägten äußeren Oberschenkelmuskeln verstärkten diesen Effekt noch. Dass ich aktuell so wenig Probleme hatte lag vermutlich auch daran, dass ich eben diesen Muskel über die Jahre sehr abgebaut hatte und insofern meine Kniescheibe weniger nach außen gezogen wurde und somit weniger nach innen kippte und einfach nicht, oder nur wenig über die schadhafte Knorpelstelle lief. Glück gehabt!

Weiterhin habe ich seit einem Beinbruch bei der Skifreizeit mit der Schule, aufgrund eines damals fehlerhaft verdreht angefertigten Gipses, einen Außendrehfehler im rechten Bein. Das war bekannt, aber dieser Arzt würde dieses Problem gleich mit korrigieren, da es sich ungünstig auf die Kinematik in meinem Knie auswirkt.

Zu guter Letzt zeigte die Ganganalyse sehr schön, welche Ausgleichsbewegungsmuster ich mir mittlerweile angewöhnt hatte, die allesamt mein Knie schonten.

Der Vorschlag dieses Arztes war, einen erneuten Reparaturversuch nach dem "autologous minced cartilage" Verfahren durchzuführen.

Er meinte eine Verbesserung um 1-2 Schulnoten sollte möglich sein.

Ich entschied mich letztlich gegen diese OP, weil diese nicht mehr endoskopisch durchgeführt werden konnte, sondern offen vorgenommen werden musste und dieser Eingriff war mir zu groß.

Ich entschied mich, mit meinem angepassten Verhalten weiter zu leben und zu beobachten, wie es meinem Knie weiter erging und ggbf. zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal einen Versuch mit einem modernen OP-Verfahren zu unternehmen, aber nicht für den Moment.

 

 

Wieder zurück aufs Rad!

2024 War dann für mich ein echter Durchbruch. Nach wie vor wanderten wir viel, auch mit schweren Rucksäcken und ich hatte überhaupt keine Probleme mehr. Selten tat das Knie mal weh, hauptsächlich wenn ich mich mal blöd bewegt hatte, aber ich hatte so gut wie nie einen Reizzustand, Schwellung, Erhitzung etc.

Radfahren war allerdings für mich mittlerweile komplett aus.

War ich 2020 immerhin noch 1250 km gefahren, waren es 2021 nur 72 km, 2022 nur 220 km und 2023 bin ich überhaupt nicht mehr gefahren.

Während unseres Österreichurlaubs 2024 jedoch, sind mal wieder ein paar gut gelaunte Leute auf E-Mountainbikes an uns vorbei den Berg hinauf geradelt, den wir gerade hochjapsten! Schon länger hatte ich über das Thema E-Bike nachgedacht, aber ich hatte es nie richtig verfolgt. Jetzt in Österreich beschloss ich kurzerhand, mir in der Nähe unserer Unterkunft ein E-Mountainbike zu mieten und es anzutesten.

Wir waren in den letzten Tagen schon mehrere große Bergtouren mit den schweren Fotorucksäcken gelaufen, so auch an diesem Tag, ich hatte also schon einige Kilometer in den Knien. Trotzdem fuhr ich mit dem E-Mountainbike eine Tour und mietete mir danach gleich noch eines mit einem anderen Antriebssystem, um die beiden zu vergleichen.

So kam es, dass ich im Juni 2024 nach 3 Jahren fast kein Radfahren mehr, einfach so mal eben 45 km und 1800 Höhenmeter fuhr!

Ohne irgendein Problem mit dem Knie!

Da ich seit 10 Jahren meine Touren aufzeichne und seit vielen Jahren eine Sportuhr trage und meinen Puls sehr genau kenne konnte ich sehen, dass ich durchaus einiges leistete bei diesen Radtouren, aber ich konnte durch die Motorunterstützung sehr genau steuern, wieviel Druck und Belastung ich meinem Knie zumutete und das funktionierte!

So sieht das dann aus:

 

 

 

Für mich war in diesem Moment klar, dass dies die Lösung für mich ist und ich begann noch in Österreich die Recherche, welches E-Bike ich mir zulegen würde.

Dann ging alles ganz schnell!

Mittlerweile habe ich zwei, ein Mountainbike und ein Crossover. Während ich mit ersterem viele Touren im Wald unternehme, mache ich mit dem Crossover eher Langstreckentouren und Straßenstrecken und es könnte mir nicht besser gehen!

Mit dem Mountainbike fahre ich Touren bis ca. 70-80 km und bis zu 1600 Höhenmeter, mit dem Crossover sind meine längsten Touren aktuell 115 km in der Ebene, oder bis zu 95 km mit etwa 1200 Höhenmetern.

 

 

 

Um ein bisschen zu verdeutlichen WIE gut das mit den E-Bikes funktioniert kann ich sagen, dass ich 2024 innerhalb von 6 Monaten 3009 km und 34.140 Höhenmeter gefahren bin. Gleichzeitig bin ich in diesem Jahr 1041 km und 22.985 Höhenmeter gewandert...

 

...und ich hatte keinerlei Knieprobleme.

Im Gegenteil. Die Bewegung tut meinem Knie ziemlich gut und ich kann jederzeit über die Unterstützungsstufen einstellen, wie sehr ich das Gelenk maximal belaste. Ich fahre allerdings auch nach wie vor immer mit Pulsgurt und halte meinen Puls im Auge, der korrelliert nämlich sehr gut mit der Belastung die ich dem Gelenk zumute und hieran orientiere ich mich.

Bislang hat sich mein Knie noch nicht beschwert, im Gegenteil.

Was das Radfahren mit meiner Psyche macht kann man sich dabei gar nicht vorstellen, weil Radeln für mich purer Stressabbau ist. Egal wie grumpy ich grad bin, 15 Minuten auf dem Rad und schon geht's mir wieder gut. Der Kopf läuft leer, der Stress fällt ab, wunderbar!

 

Eine weitere wichtige Maßnahme in 2024 war, dass ich gut 12-14 Kilo abgenommen habe und ich bin diesbezüglich noch nicht am Ziel. Jedes Kilo überschüssiges Gewicht belastet die Gelenke unnötig und da war mir klar, ich muss jetzt einfach nochmal ein gutes Stück runter.

 

 

Das war's dann jetzt von mir!

Ich hoffe dieses Update hat nochmal einige Fragen beantworten können.

Die wichtigsten Punkte für mich, wie ich gut mit dem Knie leben kann:

  • Verhaltensanpassung beim Sport, also Sportart, Stöcke beim Wandern etc.
  • Gewichtsreduktion
  • E-Bike

Mal sehen wie es weiter geht. Vielleicht kommt ja in den nächsten Jahren noch eine Methode, mit der sich solche Knorpelschäden mit hoher Wahrscheinlichkeit reparieren, oder zumindest verbessern lassen, ohne dabei gleich das Gelenk total eröffnen zu müssen, dann lasse ich mich vielleicht noch einmal auf einen Versuch ein und werde natürlich wieder berichten!

Aktuell passt meine Lebensqualität für mich sehr gut, also bin ich zufrieden und warte was noch kommt.

 

Ich wünsche euch allen, die ihr hier vermutlich gelandet seit, weil ihr ähnliche, oder schlimmere Probleme habt, dass ihr eine gute Behandlung findet, oder einen Weg euch anzupassen und damit zu Leben! Ich drücke euch allen die Daumen, passt auf euch auf, bleibt gesund und haltet euch fit.

Solltet ihr noch Fragen haben, meldet euch gerne über die Kontaktfunktion auf unserer Seite. Wenn ich weiterhelfen kann, mache ich das gerne!

 

Liebe Grüße,

Thomas